Namen, die für sich selbst sprechen
Ich bin im Münsterland in weniger als 2 km Entfernung von der holländischen Grenze aufgewachsen. Als Kind spielte ich meist mit dem René aus der Nachbarschaft und bei dem wurde daheim holländisch (eigtl. flämisch) gesprochen. Einmal zu Weihnachten bewunderte ich Renés „Tannenbaum“, worauf mich seine Oma belehrte „Nee, mijn Jongen, dit is een Spar”, also eine Fichte. Wie …? Ich kannte die holländischen Geschäfte von „de Spar“ und Renés Oma erklärte mir daher, dass diese Firma als Markenzeichen eine grüne Fichte hatte. Damit gab ich mich zufrieden.
Daheim waren wir drei Kinder. „Alles Jungs“ innerhalb von fünf Jahren geboren und ich war der Jüngste. Als wir groß genug waren, wurden wir mindestens einmal wöchentlich zum „de Spar“-Supermarkt nach Holland geschickt, um dort billiger und zollfrei „½ Pond Boter“ (Butter) und ein „40g-Zakje zwarten Thee“ (schwarzen Tee) zu kaufen. Den Zöllnern zeigten wir dann jedesmal unsere Kinderausweise, obwohl wir einander doch alle kannten.
Für uns Kinder gab es in Holland ein paar besondere Dinge zu kaufen, an die ich mich auch heute noch gern erinnere: Da war beispielsweise die Rolle „King Pepermunt Original“, in Silberpapier verpackte Pfefferminz-Lutschtabletten. Dann der „Arks Kolossaalkoek”, ein Honigkuchen, der im Nu von uns Dreien bei einem einzigen Frühstück „verputzt“ werden konnte. Ferner natürlich den „De Ruijter Chocoladehagel”, Schokostreusel, die mein Bruder so dick auf seine „Butterstulle“ streute, sodass keine Butter mehr erkennbar war. Noch lange Zeit hatte ich eine Schwäche für „Red Band Zoet“, starke Lakritz-Salmiakpastillen mit der Empfehlung „voor Rokers en Zangers“.
All diese Dinge kamen mir in Erinnerung, als ich 2019 beim bislang letzten Besuch eines Einkaufszentrums bei Wien eine Filiale der Handelskette HEMA entdeckte. „HEMA“, das war ein Anagramm, und heißt, dass das Wort aus den Anfangsbuchstaben der Firmenbezeichnung zusammengesetzt ist. „HEMA“ steht seit 1926 für „Hollandsche Eenheidsprijzen Maatschappij Amsterdam“, was bedeutet, dass in diesen Kaufhäusern durch Zusammenarbeit die Waren landesweit einheitlich günstiger angeboten werden sollten. Der Name ist also gleichsam Programm.
Noch deutlicher ist die Zielsetzung bei der 1932 gegründeten Handelskette „De Spar“: Das bedeutet nämlich „Door Eendrachtig Samenwerken Profiteren Allen Regelmatig“ – auf Deutsch: „Vom gemeinsamen Handeln profitieren wir alle“. Die Anfangsbuchstaben ergeben auf Niederländisch „De Spar“, was die schon erwähnte Fichte im Marken-Logo erklärt.
So schöne Markennamen waren früher bei uns viel häufiger: Der „Hesperiden-Essig“ bezog sich auf den mythischen Apfelbaum, der Name „Semperit“ deutet auf Beständigkeit, „Eternit“ gar auf die Ewigkeit und „Kaloderma“ steht buchstäblich für eine schöne Haut.
Demgegenüber trinkt heutzutage die Comic-Figur Homer Simpson sein Bier namens „Duff“ – Das ist schon so traurig, dass man drüber lachen muss.