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Panzerzug gegen Holland auf der Strecke Salzbergen-Almelo

Falsch gestellte Weiche führte zur Entgleisung

Fotografie Panzerzug im Zweiten Weltkrieg.

Am 10. Mai 1940 begann der Überfall der Deutschen Wehrmacht auf die neutralen Niederlande. Er führte schon nach wenigen Tagen zur Kapitulation des wehrlosen kleinen Landes und zu einer schließlich fünf Jahre dauernden Besetzung und Ausplünderung durch das NS-Regime.

Zur Vorbereitung des sorgsam geplanten Überfalls hatte man im Frühjahr 1940 in vielen Orten im Emsland und der Grafschaft Bentheim Militär einquartiert und schließlich die Kampftruppen heimlich bis an die Grenze vorgeschoben, wo sie dann in den frühen Morgenstunden des 10. Mai losschlugen. Zu dem Überraschungsangriff gehörten auch mehrere militärisch ausgerüstete Eisenbahnzüge, die sogenannten „Panzerzüge“, die auf dem Schienenweg rasch bis tief in das Feindesland vordringen und dort wichtige Bahnanlagen sichern sollten.

Der 83jährige Heinz Steenblock, der 1932 als Sohn eines Eisenbahners in einer Dienstwohnung im Bahnhof Gildehaus geboren wurde, kann sich an einen dieser Panzerzüge noch gut erinnern. Vorne befand sich eine gepanzerte Lok, dahinter ebenfalls gepanzerte Wagen mit Eisenbahngeschützen. Im hinteren Bereich waren Wagen für Mannschaften und Ausrüstungen angehängt. Von Salzbergen und Bad Bentheim aus hatte man den Zug in der Nacht gegen 1:30 Uhr bis in den Bahnhof Gildehaus gefahren. Von dort aus setzte er sich morgens gegen 5 Uhr in Richtung Niederlande in Bewegung und durchbrach wenige Minuten später die niederländischen Grenzsperren. Sein Ziel waren die Gleisanlagen und die wichtige Eisenbahnbrücke über die Ijssel bei Deventer.

Deutsche Vortrupps hatten im Vorfeld jenseits der Grenze mehrere Sperren beseitigt, die Zündschnüre holländischer Sprengkommandos an den Eisenbahnbrücken durchgetrennt und die Stellwerke besetzt. Tatsächlich erreichte der deutsche Panzerzug in nur wenigen Minuten den Bahnhof Oldenzaal. Dort schienen einige Weichen manipuliert zu sein und es dauerte fast eine Stunde, um die Lage vor Ort zu klären. Die Niederländer nutzten diese Zeit, um die Strecke zwischen Almelo und Holten unpassierbar zu machen und die Brücke bei Deventer zu blockieren. Doch bis dorthin sollte der Zug gar nicht mehr kommen.

Bei der Einfahrt in den Bahnhof Hengelo war eine Weiche falsch gestellt worden, so dass der Panzerzug im Gleisbett landete. War es Sabotage? – Die Bahnstrecke Salzbergen-Almelo lag bis 1924 in den Händen der Holländischen Eisenbahn und bei der Übernahme der Strecke hatte die Deutsche Reichsbahn viele Mitarbeiter der „Holländischen Bahn“ übernommen. Diese Kollegen und weitere Reichsbahner mit holländischen Ehefrauen waren natürlich nicht in die Angriffspläne eingeweiht und die Schichtpläne so eingeteilt, dass sie in dieser Nacht keinen Dienst hatten. Hatte dennoch jemand Lunte gerochen und die Pläne verraten?

Bei einer Untersuchung stellte man fest, dass deutsche Vortrupps zwar das Stellwerk in Hengelo besetzt hatten, sich aber mit der niederländischen Technik und den Gleisanlagen noch nicht richtig auskannten. Dadurch und vielleicht auch durch die Anspannung an diesem Morgen kam es dann zu der folgenschweren Fehlbedienung der Weiche, die schließlich die Entgleisung auslöste.

Insgesamt hatten sich an diesem Tag wahrscheinlich fünf deutsche Panzerzüge Richtung Holland in Bewegung gesetzt: einer von Leer in Richtung Nieuweschans, einer von Borken in Richtung Zutphen, einer an der Hauptstecke von Emmerich nach Westervoort und einer von Goch aus in Richtung der niederländischen Verteidigungsstellungen bei Mill. Dort gelang es den Niederländern, den Zug entgleisen zu lassen. Unter schwerem Beschuss kamen hier im Laufe des 10. Mai zahlreiche deutsche Angreifer zu Tode.

Die Sprengung wichtiger Eisenbahnbrücken sowie die geschilderten Unglücksfälle verhinderten schließlich den weiteren Einsatz der Panzerzüge im Westen der Niederlande. Das Vorrücken der deutschen Truppen, die mit aller Brutalität und unter massivem Einsatz der Luftwaffe gegen zivile und militärische Ziele in den Niederlanden vorging, war mit den Abwehrmaßnahmen der niederländischen Truppen nicht aufzuhalten. Nach nur fünf Tagen war das ganze Land besetzt, die Königin und die Regierung nach England geflüchtet und Rotterdam, die wichtigse Industriestadt des Landes, durch Bombenangriffe verwüstet.

 

Bildunterschrift:

 

Heinz Steenblock, hier mit den Kriegsunterlagen seines Vaters, wohnte 1940 mit seinen Eltern in einer Dienstwohnung im Bahnhof Gildehaus und kann sich an die Durchfahrt des Panzerzuges am 10. Mai 1945 noch lebhaft erinnern

 

Beim deutschen Angriff auf die Niederlande am 10. Mai 1945 wurden auch fünf schwer bewaffnete Panzerzüge eingesetzt, von denen einer die Strecke Bad Bentheim – Hengelo benutzte

 

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