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Mit dem Moped über die Grenze

Kommunionseinkauf in Winterswijk

Ein Moped der Marke NSU Quickly von 1955.
 

Meine Familie lebt in der Glockenstadt Gescher; das ist nicht direkt an der Grenze aber wir hatten immer Kontakt zu einem Teil unserer Familie in Winterswijk. Bereits zu Beginn des 19. Jahrhundert hatten zwei Brüder Grimmelt aus Gescher in eine Familie in Winterswijk eingeheiratet. Wie meine Familie, die seit 1780 einen Gasthof und ein Hotel führte, eröffnete eine dieser Familien das "Hotel de Klock" in Winterswijk. Regelmäßig blieb der Kontakt der verschiedenen Generationen erhalten. Unsere Vorfahren trafen sich nicht nur zum Gespräch oder Kaffee, auch trafen sich die Herren regelmäßig diesseits und jenseits der Grenze zum Jagen. An eine Hochzeit und eine Silberhochzeit mit gegenseitiger Teilnahme erinnere ich mich. Meine persönliche Erinnerung (Jahrgang 1953) ist immer mit dem seinerzeit fast 90-jährigen Theodor Grimmelt und seinem Sohn Theodor und Ehefrau Maria  im Hotel de Klock verbunden.

Die Familien besuchten sich regelmäßig  und wir verbanden diese Fahrten nach Winterswijk mit Einkäufen. Sowohl bestimmte Lebensmittel, als auch Textilien haben wir gekauft. Meine Eltern hatten noch keinen eigenen PKW. Entweder fuhren wir mit einem Bekannten, der ein Auto hatte oder Mutter fuhr mit der NSU Quickly, einem kleinen Moped. Auf dem Gepäckträger waren jeweils zwei Gepäcktaschen befestigt gewesen. Ein kleines Kissen dämpfte die harte Federung des Moped.

Sehr lebhaft erinnere ich mich an die Vorbereitung zu meiner Kommunion im Mai 1960. Es sollte ein passender Anzug mit einer kurzen und einer langen Hose sein. Nach einem Kaffee für Mutter und einem Chassis für mich bei den Verwandten ging es zum Einkauf. Neben den besagten Sachen kamen noch weitere Kleidungsstücke dazu. Mit dem gesamten Sachen ging es wieder zur Familie, wo unser Moped untergestellt war. Zur Rückfahrt bereiteten wir uns dort vor, indem ich drei Hosen, 2 Hemden und dann noch einen Pullover über der Anzugjacke anziehen mußte.

Die Füße in die Packtaschen und dann noch einige weitere Einkäufe dazu. An der Grenze ließ uns der niederländische Zöllner bereitwillig fahren und der deutsche Zöllner bat uns zur Kontrolle. Mutter packte zunächst die Lebensmittel und dann mich aus den Packtaschen. Sie ging mit ins Gebäude und wurde einer Leibesvisitation unterworfen. Ich verhielt mich sehr ruhig, wie abgesprochen, und setzte mich auf einen Stuhl im Wartebereich. Von den Beamten wurde ich ignoriert und nachdem die Zöllner feststellten, dass die Menge der eingekauften Waren keiner Zollformalität unterlagen und die Leibesvisitation meiner Mutter nichts ergeben hatte, setzte Mutter mich wieder auf dem Gepäckträger, Füße in die Taschen und die Waren dazu. Der Heimweg ging mir nicht schnell genug, da ich meinem Vater doch als Erster berichten wollte, wie erfolgreich ich geschmuggelt hatte.  

Das Hotel in Winterswijk besteht nicht mehr. Aus beruflichen Gründen sind die Familienangehörigen nicht mehr in Winterswijk. Als in den 1970er Jahren das Hotel de Klock geschlossen wurde, haben meine Vater und meine Bruder ein Großteil des Hotelsilbers und eine große Anzahl Stühle für die Gastzimmer erworben. Hin und wieder haben wir noch heute Kontakt zu den mittlerweile in den Niederlanden verstreuten Nachkommen der Familie Grimmelt.

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