Mein Altvater Johann Gerhard Tönjann wird am 26. November 1833 als erstes Kind des Leinenwebers Gerhardus Hermanus Tönjann und der Hausfrau Clara Bröker in Nienborg geboren.
Johann Gerhard wächst in Nienborg auf und heiratet im Alter von 28 Jahren am 13. Mai 1861 Anna Christina Schwietering. Seinen Lebensunterhalt verdient er zunächst als Fabrikarbeiter in der Tuchfabrik Uppenkamp in Nienborg. Die Fabrik ist die erste mechanische Weberei des Münsterlandes, die mit einer Dampfmaschine betrieben wurde.
Mitte der 1860er Jahre zieht Johann Gerhard mit seiner Familie ins acht Kilometer entfernte Dorf Epe (Westf.). Zum 1. Februar 1867 wird er durch die Gemeinden Dorf und Kirchspiel Epe als Polizeidiener angestellt. Der Amtmann von Gronau, Freiherr von Elverfeld, beschreibt in einem Vermerk vom 4. November 1880 an den Landrat die Lebensverhältnisse von Johann Gerhard wie folgt:
Der Polizeidiener Tönjann hat in drei Feldzügen (gemeint sind die Einigungskriege) für seinen König gekämpft. Er lebt jetzt in sehr ärmlichen Verhältnissen und hat eine große Familie, besitzt ein Haus und einige Morgen Land mit einer Schuldenlast von ca. 400 Reichstalern. Johann Gerhard setzt Tagelöhner für Bestellung seines Ackers ein, da er selbst und die Familie keine Zeit dafür haben. Das feste jährliche Gehalt beträgt 600 Mark sowie 45 Mark Kleidergeld zum Kauf von Uniformteilen. Daneben verdient er sich als Flurschütz (60 Mark) und für Bekanntmachungen (45 Mark) ein Zubrot. Der Polizeidiener Tönjann bittet um eine Gehaltserhöhung von 150 Mark. Der älteste Sohn ist Schuhmacherlehrling, den zweiten Sohn schickt er zum Kaplan nach Gronau, um ihn zum Lehrer auszubilden (Schulgeld 100 Mark), der dritte Sohn geht zur Schule und der vierte wird zu Ostern das Alter für Schulbesuch erreichen. Der Polizeidiener Tönjann hatte bisher viel zu tun in seinem Bezirk. Weitere Belastung sind durch die Fabrik des Gerrit van Delden im Kirchspiel Epe und jetzt, nachdem die Fabrik des Herrn Laurenz aus Ochtrup mit 112 Webstühlen in Betrieb gesetzt wurde, entstanden. Die Fabriken ziehen viele Beamten und Arbeiter in die Gegend.
Zum 25-jährigen Dienstjubiläum erhält Johann Gerhard eine Ehrendegen. Dieser befindet sich leider nicht mehr in Familienbesitz. Die Gravur im Griffbügel des Ehrendegen lautet:
Die Gemeinde, Dorf und Kirchspiel Epe
Ihrem Polizeidiener Johann Tönjann
zum 25-jährigen Dienstjubiläum, d, 2. 2. 1892
Am 1. Oktober 1901 wird Johann Gerhard Tönjann auf eigenen Wunsch pensioniert. Zur Anerkennung seiner Dienste wird ihm aus Anlass der Pensionierung das Kreuz zum Allgemeinen Ehrenzeichen verliehen.
Johann Gerhard Tönjann stirbt 78-jährig am 18. Dezember 1911, gegen 12.30 Uhr, in Epe (Westf.) an den Folgen eines Schlaganfalls.